Im letzten Blogeintrag hiess das Werkzeug «Verbindung vor Verbesserung», d.h. zuerst die Verbindung zum Kind herstellen und danach eine Kritik oder einen Verbesserungsvorschlag bringen. Dieses Mal setzen wir diese Idee mit einem gezielten Satz um: «Ich liebe dich und die Antwort lautet Nein.» Jane Nelsen ist die Gründerin von Positive Discipline. In ihrem Blogeintrag, den ich hier übersetzt habe*, schreibt Dr. Nelsen über die Gratwanderung zwischen zu streng und zu freizügig sein. In der Erziehung in Beziehung lernen wir, dass weder das eine noch das andere für Kinder förderlich ist, sondern dass wir gleichzeitig freundlich (nicht freizügig) und bestimmt (nicht streng) sein sollen. Und jetzt: Jane Nelsen. Geniesse die Lektüre! ![]() Rudolf Dreikurs** betonte, wie wichtig es ist, in unseren Beziehungen zu Kindern gleichzeitig freundlich und bestimmt zu sein. Freundlichkeit ist wichtig, um Respekt gegenüber dem Kind zu zeigen. Bestimmtheit ist wichtig, um Respekt gegenüber uns selbst und den Bedürfnissen der Situation zu zeigen. Autoritären Methoden mangelt es normalerweise an Freundlichkeit. Antiautoritäre Methoden sind nicht bestimmt genug. Freundlichkeit UND Bestimmtheit sind für die Erziehung in Beziehung (auf Englisch Positive Discipline) unerlässlich. Viele Eltern und Lehrpersonen haben aus verschiedenen Gründen Schwierigkeiten mit diesem Konzept. Ein Grund ist, dass sie zu einem Kind, das sie gereizt hat, nicht freundlich sein wollen. Als Erwachsene müssen wir die Kontrolle über unser Verhalten vorleben, wenn wir möchten, dass Kinder lernen, wie sie selbst ihr Verhalten unter Kontrolle halten können. Manchmal sind es die Erwachsenen, die eine positive Auszeit nehmen müssen, bis sie sich besser fühlen, damit sie es dann besser machen können. Ein weiterer Grund, warum es Erwachsenen schwer fällt freundlich und bestimmt zu sein ist, dass sie nicht wissen, wie sie gleichzeitig freundlich und bestimmt sein können. Sie stecken womöglich im Teufelskreis fest: sie sind erst hart und streng (unfreundlich bestimmt), weil sie mit dem Kind verärgert sind – oder, weil sie nicht wissen, was sie sonst tun sollen, und werden anschliessnd überfreundlich, um auszugleichen, dass sie vorher so streng waren. Einer der grössten Fehler, den Eltern und Lehrpersonen machen, die sich für die Erziehung in Beziehung entschieden haben, ist, dass sie zu freizügig werden, weil sie nicht strafen wollen. Einige glauben fälschlicherweise, dass sie freundlich sind, wenn sie ihren Kindern gefallen oder wenn sie sie aus der Patsche retten und vor aller Enttäuschung schützen. Das ist nicht freundlich - es ist freizügig. Freundlichkeit bedeutet, das Kind und sich selbst zu respektieren. Es ist nicht respektvoll, Kinder zu verwöhnen. Es ist nicht respektvoll, sie vor jeder Enttäuschung zu retten, damit sie nicht die Möglichkeit haben, ihre "Enttäuschungsmuskeln" zu entwickeln. Es ist respektvoll, ihre Gefühle zu bestätigen: "Ich kann sehen, dass du enttäuscht bist" (oder wütend oder verärgert usw.). Dann ist es respektvoll, an Kinder zu glauben, dass sie Enttäuschungen überleben und dabei ein Gefühl der Fähigkeit entwickeln können. Eine wunderbare Möglichkeit, dieses Prinzip der Freundlichkeit und Bestimmtheit anzuwenden, besteht darin, den Ausdruck «Ich liebe dich, und die Antwort lautet "Nein"» zu verwenden. In der untenstehenden Audioaufnahme hört man auf Englisch wie Jane Nelsen mit ihrer jüngsten Tochter Mary Nelsen Tamborski diskutiert. Mary erzählt, wie sich eines Morgens ein Machtkampf mit ihrem vier-jährigen Sohn anbahnte. Er wollte etwas Süsses vor dem Frühstück haben. Nach dem dritten «Aber Mama…» merkte Mary, wie sie langsam genervt wurde (sie hatte ihren Kaffee noch nicht getrunken!). Dann ist ihr plötzlich dieses Werkzeug der Erziehung in Beziehung in den Sinn gekommen. Sie sagte einfach, «Ich liebe dich, und die Antwort lautet "Nein"». Sie war verblüfft, wie er daraufhin sein Frühstück akzeptierte. Nach dieser Geschichte erinnert uns Jane daran, dass kein Werkzeug immer wirksam ist. Deswegen bietet uns die Erziehung in Beziehung so viele davon an. Und deswegen biete ich euch diesen Blog an! Jeden Monat ein Werkzeug, das euch hoffentlich zum Wohlergehen der ganzen Familie verhilft. * Meine Übersetzung wird jeden Monat von Tanja Titschkau überarbeitet und wesentlich verbessert! An Tanja einen grossen Dank.
** Positive Discipline basiert auf das Lebenswerk von Rudolf Dreikurs und Alfred Adler, beide bedeutende Psychiater und Forscher des 20. Jahrhunderts.
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![]() Mein zweiter Blogeintrag! Ich habe erneut einen Artikel von Positive Discipline Gründerin Jane Nelsen übersetzt. Das Werkzeug, das sie dieses Mal erklärt, heisst «Connection before Correction» - was ich als «Verbindung vor Verbesserung» übersetze. Es ist klar, dass ich dies als eines der wichtigsten Konzepte in der Erziehung in Beziehung (Positive Discipline) empfinde, da ich es in meinem Namen „Connections - Erziehung in Beziehung“ aufgenommen habe! Und jetzt soll Verbindung besonders gross geschrieben werden: Erstens, weil die Advent- und ... Mit Freude verkünde ich den Start meines Blogs! Einmal im Monat will ich Eltern, Lehrpersonen und anderen, die mit Kindern zu tun haben, Tipps aus dem Reichtum der Erziehung in Beziehung («Positive Discipline» auf Englisch) weitergeben. Ich werde Juwelen von Jane Nelsen, der Gründerin von Positive Discipline, übersetzen. Ich bin sehr begeistert von dieser wunderbaren Frau und teile ihre hilfreichen Gedanken über tag-tägliche Themen mit Vergnügen mit. Für die, die ihre Worte lieber in der original Fassung lesen möchten, ist hier der Link: Control your behavior Blogpost Und jetzt: Jane Nelsen. Geniesse die Lektüre! ![]() Die Erziehung in Beziehung hat viele «Werkzeuge», die wir Erwachsenen einsetzen können. Eines davon heisst «Kontrolle über dein Verhalten ». Das ist manchmal leichter gesagt als getan! Hast du nicht auch schon, so wie ich, die Kontrolle über dein Verhalten gegenüber deinen Kindern verloren? Glücklicherweise können wir ein anderes Eltern-Werkzeug, nämlich „Fehlerbehebung“, verwenden, um nach einem Kontrollverlust über unser Verhalten die Beziehung wiederherzustellen. Aber es ist immer besser, wenn wir Wege finden, damit wir überhaupt gar nicht erst die Kontrolle verlieren. ![]() Mit dem Werkzeug „ Kontrolle über dein Verhalten “ bekommen wir drei Vorschläge: 1. Erstelle deinen eigenen speziellen Auszeitbereich [i] und teile deinen Kindern mit, wenn du ihn benötigst. Einige Eltern fühlen sich mit dieser Lösung nicht wohl, insbesondere im Umgang mit jüngeren Kindern. Wenn deine Kinder jedoch älter sind und du das Thema der positiven Auszeit mit den Kindern schon im Voraus besprochen hast, kann es sehr effektiv sein. Es ist fast unmöglich, Probleme in Konfliktzeiten zu lösen, wenn sowohl das Kind, als auch die Eltern die Kontrolle über sich verloren haben. Dann sind die Ergebnisse Distanz und verletzte Gefühle. Normalerweise gefolgt von Schuldgefühlen. Lasse deine Kinder wissen, dass du eine Auszeit nimmst. Entferne dich aus der Situation und festige dich emotional, bevor du versuchst das Problem zu lösen. Es ist deine Sache, wie du deine Auszeit nimmst. Vielleicht gehst du in dein Zimmer. Vielleicht gehst du spazieren. Oder du rufst einen engen Freund/einer enge Freundin an und besprichst das Problem. Für was auch immer du dich entscheidest: es ist wichtig dir Zeit zur Beruhigung zu nehmen, bevor du das Problem angehst. ![]() 2. Wenn du die Situation nicht verlassen kannst, zähle auf 10 oder atme tief durch. Dies ist eine gute Lösung wenn du jüngere Kinder hast oder die Situation deine Anwesenheit erfordert. Es ist auch in Ordnung mitzuteilen, was du fühlst: "Ich bin gerade so wütend, dass ich mich beruhigen muss, bevor wir reden." Kinder müssen wissen, dass das, was sie fühlen immer in Ordnung ist, aber dass das, was sie tun nicht immer in Ordnung ist. Wenn du deine Gefühle teilst und nicht aus ihnen heraus handelst, bist du ein gutes Vorbild und machst deine Kinder nicht für deine Gefühle verantwortlich. Vermeide es zu sagen: "Du machst mich so wütend." ![]() 3. Wenn du Fehler machst, entschuldige dich bei deinen Kindern. Kinder können wunderbar verzeihen, wenn wir uns die Zeit nehmen, uns aufrichtig zu entschuldigen nachdem wir die Kontrolle verloren haben. Während meinen Vorlesungen frage ich: "Wie viele von euch haben sich bei einem Kind entschuldigt?" Jede Hand geht nach oben. Ich frage dann: "Was sagen sie?" Die universelle Antwort von Kindern, die von Eltern um Verzeihung gebeten wurden, lautet: "Ist in Ordnung." Durch die Entschuldigung hast du eine Verbindung hergestellt (Nähe und Vertrauen). In dieser Atmosphäre kannst du gemeinsam an einer Lösung arbeiten. Du hast erneut gezeigt, dass Fehler Lernmöglichkeiten sind und du dich anschliessend auf Lösungen konzentrieren kannst. Um zu zeigen, dass wir alle Fehler machen, hat Jane von einem Erlebniserzählt, bei dem sie sich einmal nicht im Griff hatte. Sie war so wütend auf ihre Tochter, dass sie ihr gesagt hat: «Du bist ein verzogenes Gör!». Die Tochter ist in ihr Zimmer gerannt und sagte bevor sie die Tür zu schletzte: «Komme ja nicht in mein Zimmer, um ‘Es tut mir leid’ zu sagen!» Jane ging aber trotzdem nach einer Weile zur Tochter ins Zimmer, wo die Tochter das Buch von Jane in den Händen hatte und ganze Stellen durchstrich und in den Rand «Lügnerin!» schrieb. Am Schluss konnten sie sich trotzdem wieder versöhnen. Jane erzählt diese Geschichte in einer Audioaufnahme. Es ist sehr unterhaltsam, wenn du etwas Englisch verstehst. Auf diesen Link klicken und dann bis fast ganz unten scrollen. Jane Nelsen and her daughter mit lieben Grüssen KC i. Das «Werkzeug» der positiven Auszeit wird im Kurs gelernt. Das Buch darüber ist empfehlenswert und wurde auch schon auf Deutsch übersetzt. Die positive Auszeit, von Jane Nelsen, ISBN-10 : 3765514225
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AutorinJane Nelsen ist Gründerin von Positive Discipline. Übersetzung KC Hill. ArchivKategorien |